Anrudern im Schlauch

Durch das gewöhnlich schöne Wetter beim Anrudern gleichen sich die Bilder über die Jahre wie manchmal die Neujahrsansprachen aus dem Bundeskanzleramt, wo auch schon mal aus Versehen die Version vom Vorjahr gesendet wurde. Keine Verwechslungsgefahr besteht mit dem Schauplatz des Anruderns 2015: Erstmals drängten sich Aktive, Ehrengäste und Mitglieder in der schlauchartigen Bootshalle, in der früher der Kraftraum untergebracht war. Das Gedränge wurde noch verschärft, weil gleich sechs Boote zur Taufe - ebenfalls im Schlauch - bereit lagen: drei Gig- und drei Rennboote.

Als Ehrengäste durfte URCD-Vorsitzender Andreas Huber begrüßen: Dieter Schmidt-Volkmar, den Präsidenten des Landessportverbands Baden-Württemberg, Ulrich Derad, Hauptgeschäftsführer des Landessportverbandes Baden-Württemberg und Iris Mann, Bürgermeisterin der Stadt Ulm (Kultur und Sport).

Die Vorgabe lautete: Kurze Reden. Auch die mittlerweile übliche Vorstellung der Trainingsmannschaft durch die Trainer entfiel, vermutlich um die unter anderem aus Stuttgart angereisten Ehrengäste nicht zu langweilen. Als frischgebackenes Ehrenmitglied erhielt Jürgen Steinacker seine Ehrenurkunde, weil er bei der Generalversammlung gefehlt hatte. Als erste "Amtshandlung" war für ihn deshalb das Ausbringen des dreifachen Hipp-Hipp-Hurra am Schluss Pflicht.

Sechs Boote – so viele Täuflinge hat es schon sehr viele Jahre nicht mehr gegeben. Allerdings muss man dabei von einem gewissen Taufstau reden. Die beiden Doppelfünfer/Doppelvierer mit Steuermann "Rhein" und "Elbe" wurden 2014 erst kurz nach dem Anrudern geliefert und befanden sich daher bis jetzt in der Taufwarteschlange. Als sehr produktiver Taufdichter hat Martin Grimmeiß dieses Mal besonders humorige Zeilen gefunden und mit Donauwasser und dem obligatorischen Wunsch der "Handbreit Wasser unter dem Kiel" die Vierer auf den Lebensweg gebracht.

Etwas trauriger war die Taufe eines ungewöhnlichen, breiten Einers. In Erinnerung an den am 2.1.2012, dem Tag des 125-jährigen Clubjubiläums verstorbenen Mave und Wanderruderwart Karl Jacob taufte Frank Scherber das Boot auf dessen Namen. Zwischen Boot und Namensgeber gibt es dabei einige Parallelen: beide haben bzw. hatten einen gewissen Körperumfang. Und dann die Herkunft des Bootes: Karl Jacob war Abfallexperte und Entsorgungsspezialist - und wo wurde das Boot gefunden: auf dem Sperrmüll, ohne Ausleger, Stemmbrett und Rollsitz. In der Werkstatt wurde es neu lackiert und die fehlenden Teile ersetzt. Eine Besonderheit des Bootes: in Bug und Heck hat es eine Mini-Kajüte, in der sich bei Bedarf Gepäck unterbringen lässt, es darf nur nicht zu weit nach hinten rutschen.

Eine der Aufgaben des Landessportverbandes ist die "Förderung des Leistungssports in Baden-Württemberg einschließlich Talentsuche und Talentförderung". Zwei der Bootstäuflinge, ein Rennskiff "Henley" und ein Renndoppelzweier "Rotsee" konnten auf diese Weise vom Verband gefördert werden. Sie tragen deshalb sein Logo. Die Stadt Ulm in Gestalt der Bürgermeisterin Iris Mann stand Pate für ein Rennskiff "Macon". Taufmoderatorin Johanna Kienzerle taufte als ehemalige LRVBW-Vorsitzende zusammen mit den beiden Paten Dieter Schmidt-Volkmar und Iris Mann die drei Rennboote ebenfalls mit Donauwasser.

Durch die zügige Gestaltung des offiziellen Teils des Anruderns war schon um 11:50 Uhr der Weg frei für den geselligen Teil im Bootshaus, das fast bis auf den letzten Platz besetzt war. Für das Team des URCD-Restaurants "Ufer 7" um Marco Timmermans war es das erste Anrudern und sicher auch eine neue Erfahrung: eine volle Hütte, und alle stürmen mehr oder weniger gleichzeitig zum Grillpavillon draußen, der nicht als Sonnen-, sondern natürlich als Regenschutz aufgebaut war.

Ob der Dauerregen dafür verantwortlich war, dass nur zwei Lieseln die gesellige Runde machten? Nicht nur deswegen wird das Anrudern 2015 in besonderer Erinnerung bleiben.

Zu den Taufgedichten (in Prosa) geht es weiter unten auf dieser Seite.

Doppelzweier (Filippi) mit LSV-Logo

Du sollst alle, die Dich und andere Boote rudern, animieren und zu exzellenten Trainingsleistungen motivieren. Trainieren ist natürlich auf unserer schönen blauen Donau angesagt. Deine Anschaffung war dank einer großzügigen Unterstützung des Landessportverbandes möglich. Der Ulmer Ruderclub hat Dich gekauft und stellt Dich Sportlern des Bundesstützpunkts Nachwuchs zur Verfügung.

Erstklassiges Bootsmaterial für erstklassige Sportler, die ihre Klasse auch diese Saison hoffentlich erfolgreich unter Beweis stellen werden. Glück, Gesundheit und eine gute Bahn am Wettkampftag gehören dazu.

Alle Deine Ruderer sollen von den großen Regattastrecken der Welt träumen, Regattastrecken, die nur Auserwählte (Nationalmannschaft)in internationalen Wettkämpfen  rudern dürfen. Vielleicht hat der eine oder andere Ruderer auf den letzten 100 m vor dem Ziel auch schon das brennende Walhall, die "Götterdämmerung" vor sich gesehen.
Gerudert wird auf dem Göttersee.

Ich taufe Dich auf den Namen ROTSEE  und wünsche Dir immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.

Renneiner (Filippi) mit LSV-Logo

Du sollst den- oder diejenige, die Dich rudert, animieren und zu excellenten Trainingsleistungen motivieren. Trainieren ist natürlich auf unserer schönen blauen Donau angesagt. Auch Deine Anschaffung war nur dank einer großzügigen Unterstützung des Landessportverbandes möglich. Der Ulmer Ruderclub hat Dich gekauft und stellt Dich Sportlern des Bundesstützpunkts Nachwuchs zur Verfügung.

Natürlich träumen alle Ruderer davon, bei einer WM oder Olympia zu starten. Aber es gibt auch noch andere, ganz besondere Sportereignisse im Rudern, die vielleicht neben den großen Leistungssportereignissen stehen. Im  Ergebnis und nach den Förderrichtlinien nicht vergleichbar, aber für die Sportler und auch die Zuschauer ein ganz besonderes Highlight.

Und diese Veranstaltung ist viel älter als alle nationalen und internationalen Ruderverbände. Diese Regatta besitzt ein eigenes Reglement; sie wird von Stewards organisiert, die Satzungen der Regatta dienten Pierre de Coubertin als Grundlage für die Organisation des Internationalen olympischen Komitees.

Immerhin wurden Ende des letzten Jahrtausends auch Ruderinnen zugelassen. Davor gab es für einzelne Steuerfrauen Ausnahmeregelungen…

Die Streckenlänge beträgt 2112 m und es treten immer nur zwei Boote gegeneinander an. Breiter ist der Bach dort nicht. Anfang Juli wird in Henley-on-Thames auf der Themse wieder die Royal Henley Regatta ausgetragen. Wer nach Henley will, muss sehr schnell rudern.

Ich taufe Dich auf den Namen HENLEY und wünsche Dir immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.

Renneiner (Filippi) mit "Ulm"-Logo

Wir gehen zu unseren französischen Freunden, in eine kleine Stadt an der Saone. Dort fand 1959 eine Ruder-Europameisterschaft statt. Da den meisten diese Stadt nicht als Regattastrecke bekannt ist, hat sie sich wohl nicht bewährt.

Der Ruderprofessor Karl Adam gewann dort aber mit seinem Deutschlandachter, dessen Riemen er mit einem optimierten Ruderblatt versehen hatte, in überzeugender Manier die Goldmedaille. An diesem Blatt führte dann in den Folgejahrzehnten kein Weg vorbei; anwesende Goldmedaillengewinner können aber bestätigen, dass das Blatt allein noch keinen Sieger macht. Es muss eben auch sehr schnell und druckvoll durchs Wasser bewegt werden.

Es wird heute noch gern in der Ausbildung im Kinderbereich eingesetzt, auch im Breitensport und im Wanderrudern ist dieses Ruderblatt die noch am häufigsten eingesetzte Form.

Was ist das Besondere?  Es handelt sich um symmetrische Ruderblätter mit einer sogenannten Rippe auf der Blattvorderseite; im Vergleich zu den früheren Gestaltungsvarianten der Ruderblätter, auch durch Karl Adam, war dieses "neue" Blatt deutlich kürzer und etwas breiter. Und weil der Deutschlandachter mit diesen Ruderblättern 1959 in der kleinen französischen Stadt allen Konkurrenten davon ruderte, wurde das Ruderblatt nach der Stadt benannt.

Ich taufe Dich auf den Namen MACON und wünsche Dir allzeit eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.

Taufprosa von Johanna Kienzerle.

Donau rauf und Donau runter,
anfangs noch wirklich munter
schuften Vier, ohne ehrliche Not
zunächst harmonisch in einem Boot.
 
Zum Vergnügen, die Einen verkünden,
sei’s schön sich so zu schinden.
Für die Gesundheit tönen die Andern
sei’s ganz toll mit dem  Boot zu wandern.
 
Donau rauf und Donau runter,
jetzt schon nicht mehr ganz so munter
grübelt manch selbst ernannter Rudergott:
"Eigentlich ist es ja immer der gleiche Trott.
Wär’s nicht schön auf einem anderen Strom,
sogar der Plackerei gerechter Lohn,
fremde Landschaften zu sehen,
manchmal sogar andere Leute zu verstehen ?
Kühn die vertraute Donau zu verlassen,
um zu rudern auf fernen Wassermassen ?"
 
Damit das Donaurudern nicht ständig bleibt das Selbe
taufe ich Dich auf den Namen ELBE.
 
Und wünsche Dir stets eine handbreit
Wasser unter dem Kiel.

Taufpoesie von Martin Grimmeiß

Bootstaufen sind ein großer Spass,
zumindest für das Boot – das wird nass.
 
Der Täufling, frisch geputzt, da liegt er nun
kommentiert, gemustert, bestaunt vom Publikum.
Sein Name - streng geheim !
Warum ? - bei der Taufe muss es halt so sein.
 
Erst der getaufte Name gibt ihm die Würde,
oft allerdings ist der Name auch eine Bürde.
 
Bootsnamen sind im Club ein Drama,
wir haben alles - fehlt nur noch das Lama.
Vögel, eigentlich ein veritabler Zoo,
Götter, Sterne, verdiente Personen sowieso.
Doch wer kommt denn auf so einen Stuss
ein Boot zu benennen nach einem Fluss
mit hohen Wellen und Schiffsverkehr ?
 
Jetzt lasse ich das Dichten einfach sein
und taufe ich Dich auf den Namen RHEIN.
 
Und wünsche Dir stets eine Handbreit
Wasser unter dem Kiel.

Taufpoesie von Martin Grimmeiß