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Oppa-schuu - Der Deutschlandachter siegt souverän beim Kanal-Cup 2009


Fotos: Carsten Oberhagemann

Nord-Ostsee-Kanal. 12,7 Kilometer von Breiholz bis zur Rendsburger Eisenbahnhochbrücke. Nur die Medaillengewinner von Peking, die Nationalachter von Kanada, Großbritannien, den USA, und der Deutschlandachter als amtierender Weltmeister sind am Start in der 9. Auflage dieses Rudermarathons. Es wird keine Sonntagsfahrt. 12,7 km Streckenlänge, starker Wind und teilweise waagrechter Regen und dazu noch hochkarätige Gegner fordern alles von allen Beteiligten.

Geplant war der Einsatz der Weltmeistermannschaft von Posen, doch kurzfristig musste Filip Adamski krankheitsmäßig ersetzt werden durch Hanno Wienhausen. Ansonsten aber ganz nach Plan: unser URCD-Weltmeister Urs Käufer im Bug.

Zum Start kommt doch noch die Sonne raus. Alle Hochseeschiffe haben "Parkplätze" entlang des Kanals angefahren, der Nord-Ostsee-Kanal ist sonst die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt, einmal im Jahr zum Kanal Cup haben Ruderboote Vorfahrt. Sogar die sonst auf dem Kanal geltende Geschwindigkeitsbeschränkung von 15 km/h ist heute zum Rennen aufgehoben.

Der Start erfolgt von einer schwimmenden Querbrücke mit heruntergeklappten Brettern, auf denen wie sonst auf Startnachen die Bootfesthalter liegen.

Der Steuermann Martin Sauer, der heute Premiere auf dieser Strecke hat, hat zur Motivation als Losung ausgegeben: Wer soll uns schlagen, ihr seid meine Mannschaft. Für die Fernsehzuschauer sehr interessant war, dass als zusätzlicher O-Ton oft die Stimme des deutschen Steuermanns fast während des gesamten Rennens zu hören war.

Dass zur Motivation einer Achtermannschaft auch Worte zum Einsatz kommen, die nicht immer politisch korrekt sind, war sicher vielen Zuschauern vorher so nicht bewusst wie z.B. auch dem Moderator der ARD-Sportschau, der den Steuermann-O-Ton als derb bezeichnete. Aber es gibt keine andere Sportart, wo der Ersatztrainer seiner Mannschaft ständig Ratschläge und Anweisungen geben kann, nur war das bisher noch nie so deutlich zu hören.

Für Ruderer klang aber alles eigentlich gemäßigt, nur einmal fährt Martin Sauer aus der Haut, als der Steuermann der USA mit seinen Achter bedenklich nahekommt mit einem Wortschwall, der in "Idiot" gipfelt. Bemerkenswert war vor allem auch der Ausdruck "Oppa-schuu", wobei das zweisilbige, kurze "Oppa" für den Durchzug steht und das langgezogene "schuu" für das gleichmäßige Vorrollen.

Hier der Steuermann-O-Ton (kursiv) in Auszügen

Beim Start kommt der Deutschlandachter gut weg mit Schlagzahl 39 über Druck, Großbritannien mit Schlagzahl 40, die USA mit 42 und Kanada mit 43. Keine Angst. Der Deutschlandachter ist eingekeilt zwischen den USA und Kanada und reduziert die Schlagzahl auf 36.
USA nur nicht ranlassen. Superding, Superding, einen Platz noch, dann ist der Kanadier weg, dann kümmern wir uns nur noch um die Amis. Die hamm noch den Luftkasten und dann sind wir vor und dann nehmen wir die schön auf die Kante hier. Keine Angst und lasst sie nicht wieder reinkommen.
Toni Seifert auf 7 hat Blattberührung mit 2 vom USA-Achter.
Wir müssen vor der Kurve noch ans Ufer rankommen. Schlagzahl 34,5. Superding.

Der amerikanische Steuermann drängelt und nähert sich bedenklich dem Deutschlandachter.

Idiot. Der amerikanische Achter fällt etwas zurück. Die lassen wir schön auf unseren Strudeln fahren, die Schweine. Ein harter Kampf, am Rande der Fairness - jeder will auf der optimalen Strecke fahren. Gutes Ding. Schlagzahlen: Deutschland 35, USA 34, Kanada 31, Großbritannien 29. Der Ami hat sich übernommen, wird gleich vom Kanadier kassiert. Schön. Weiter so.
Der Dampfer Vasaland aus London am Ufer betätigt mehrmals sein Horn als Gruß für die vorbeifahrenden Achter. Schön über den Körperschwung. Nächster. Zwischenspurt. Gutes Ding. 34. Lasst euch tragen. Das ist nicht einzuholen für die andern. Weiter. Oppa-schuu. Oppa-schuu. Führt das gemeinsam. Fühlt den Rhythmus.

Das ist die Mannschaft, die das ganze Jahr beherrscht hat. Wenn wir das so nach Hause fahren, ungeschlagen sind wir dann, das ganze verdammte Jahr lang.
Bei 8 km Zwischenspurt. Der Nächste. Jawoll. Und spürt das, spürt doch mal, wie geil das ist. Da hamm wir ein ein ganzes Jahr verdammt noch mal dafür geübt. Oppa-schuu. Noch 3,5 km. Übergriff gut. Den Gegner gut im Griff. Schön noch mal Hände hoch vorne.
Der Deutschlandachter fährt nahe am Ufer vorbei, das Publikum applaudiert. Der Lärm hilft uns jetzt. Die hamm sich alle wegen uns hier . . . wegen keinem anderen. Die anderen sind nur Füllwerk. Schön weiter so. 34. Oppa-schuu.
Nicht anfangen jetzt ballern, sondern Körperschwung. Der Nächste. Gut so, Kopf oben halten, die Kurve ist gleich zu Ende. Macht'er gut. 1a. 33,5. Die andern hamm fast aufgesteckt, die sind weg. Oppa-schuu. Oppa-schuu. Keine Angst, ihr könnt das noch. Oppa-schuu. Super, Jungs. Genau. Genau. Weiter so. Sehr gut.

Das Ziel, die Rendsburger Eisenbahnhochbrücke ist in Sicht.

Aber jetzt erst mal sauber Rhythmus, durch die Wellen. Oppa-schuu. Superding. Superding. 33. Jetzt nich auf Frequenz gehen, noch nich, ich schieb euch dann schon hoch. 33. Guter Übergriff. Schwung drin lassen. So ist's richtig. Erst auf den letzten 200, da zeigen wir dann wieder, wer wir sind. Und ich merk schon, wie gut er läuft. Noch ein bisschen Geduld und dann machen wir das Ding sauber zu Ende. Und ich freu mich schon richtig . . . die hamm wer so richtig plattgemacht. 38,5. Bleibt groß. Einfach nur noch sauber durch. Die letzten 20 Schläge. Auf geht's, gemeinsam. Goldrichtig, im Regen, im Regen.

Der Deutschlandachter fährt als erster über die Ziellinie in Rendsburg.  Kurz darauf beim ersten Interview, die Ruderer sitzen noch im Boot, der Kommentar der Reporterin: "Die Jungs müssen sich unbedingt noch'n bisschen weiter ausrudern, denn einigen ging's hier gar nicht gut (Toni Seifert auf 7), da is'n bisschen was über Bord gegangen."

Darauf der Streckenreporter: "So ist Rudern nun mal: Verausgaben bis zum letzten für den Sieg. Aber es hat sich gelohnt."
Bleibt zu hoffen, dass der Steuermann-O-Ton bei zukünftigen Übertragungen nicht wieder wegzensiert wird, denn er vermittelt ganz direkt und ungeschönt, was genau im Boot gerade abgeht.

Ergebnis vom Kanal Cup 2009: 1. Deutschland (Urs Käufer, Gregor Hauffe, Florian Mennigen, Kristof Wilke, Richard Schmidt, Hanno Wienhausen, Toni Seifert, Sebastian Schmidt und Steuermann Martin Sauer) 38:20,05 Minuten, 2. Kanada 38:44,08, 3. USA 39:02,09, 4. Großbritannien 40:04,00.

Deutschland-Achter

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