Tour mit Zwischenstationen in Kopenhagen und am Bodensee (März – April – August 2023)
GESCHRIEBEN VON OLAF BEHREND
Die Idee und Vorbereitung
Alles begann im Februar mit der Frage von Frank, ob im Sommer jemand dabei wäre, eine Rudertour in England ins Auge zu fassen. Tatsächlich hatte ich eine Woche unverplanten Urlaub übrig und mit zwei angrenzenden Wochenenden also neun Tage, die für eine Tour zur Verfügung stünden. Da Frank, in den fast 15 Jahren, die ich ihn kenne, regelmäßig davon sprach einmal an der englischen Küste rund um die Isle of Wight („IoW“) rudern zu wollen, lag der Vorschlag nahe, dieses Projekt nun konkret anzugehen. Damit war das Ziel definiert und die Planung konnte beginnen.
Die erste einschlägige Information war der Tourenbericht eines Seekajakfahrers, der die 90 km-Tour rund um die Insel in nur zwei Tagen absolviert hatte. Die wesentliche Erkenntnis aus diesem Bericht war, dass die Gewässerbedingungen durch die zum Teil erhebliche Tidenströmung und natürlich Wellen eine echte Herausforderung darstellen würden. Daher war schnell klar, dass eine Rudertour um die Insel nur mit einem geeigneten Boot realisierbar sein würde. Moderne Coastal-Boote sind zwar für eine Fahrt auf Küstengewässer naheliegend, erlauben aber kaum die Mitnahme von Gepäck.
Vor mehr als 20 Jahren hatte ich in einer kleinen Gruppe mit zwei Küsten-Wanderbooten dänischer Bauart (Langturs-2+ der „Dänemarkfahrer“) bereits eine Umrundung von Rügen erfolgreich absolviert. Diese Boote sind der vorgeschriebene Standard für Wanderfahrten auf dänischen Küstengewässern und es gibt sowohl Inrigger-Vierer als auch -Zweier, jeweils mit Steuermann. Im Unterschied zu unserem, im Ulmer Ruderclub Donau vorhandenen, italienischen Inrigger-4+ haben die dänischen Boote eine deutlich höher gezogene Bordwand sowie geschlossene Bug- und Heckkästen – für das Gepäck, vor allem aber der Sicherheit wegen. Nachdem ich in Vorbereitung auf die Rügen-Tour die für die Bootsleihe erforderliche Bootsführer-Erlaubnis („Langturs-Styrmandsret“) auf einem Kurs des Dänischen Ruderverbandes in Hamburg erworben hatte, und auch Frank in Besitz dieser Erlaubnis ist, kam uns die naheliegende Idee, nach einem solchen „Langturs“-Boot auch für die Tour in England zu schauen. Der DRV verleiht einen in Schleswig stationierten Langturs-2+ für Fahrten auf Schlei und Ostsee, und wir konnten das Boot für die betreffende Woche reservieren, incl. der explizit eingeholten Erlaubnis damit ausnahmsweise auch an der englischen Küste zu rudern. Gleichzeitig hatte ich parallel begonnen, mich in der Bootsbörse des dänischen Ruderverbandes umzuschauen – und wie es der Zufall wollte, wurden dort nach nur wenigen Tagen des Suchens zwei schöne, gut 50 Jahre alte Holz-2+ für kleines Geld zum Verkauf angeboten. Nach reinigen emails und Telefonaten mit dem Verkäufer, stand kurz darauf der Termin für eine Fahrt mit Hänger nach Kopenhagen im März…
Ein Blick auf die Karte ließ schnell klar werden, dass ein Wochenende für die Strecke kaum reichen würde, und so ging es einem Freitag zunächst von Ulm bis Hamburg und Samstag frühmorgens weiter nach Kopenhagen. Zu unserer Überraschung wurden die Boote nicht von einem Ruderclub, sondern vom Marine-Segelclub Kopenhagen angeboten. Gelagert wurden sie, offensichtlich seit vielen Jahren ungenutzt, in einer Halle im Marine-Hafen, gleich neben einem dort ausgestellten U-Boot und dem am Kai liegenden Drei-Mast-Segelschulschiff – eine wirklich besondere und eindrucksvolle Umgebung. Wir entschieden uns schnell für eines der beiden Boote, die „Nyholm“ (benannt nach dem Ort des Marinehafens, dänisch „neue Insel“), verluden es mit ein paar Helfern auf unseren Hänger, schlossen den Kauf ab und erhielten nach kurzem Verhandeln noch die hübsche, große Bootsflagge des Dänischen Ruderverbandes DFfR als kleine Zugabe - ein sehr schönes und passendes Accessoire. Der Zustand des Bootes war nach erstem Anschein sehr ordentlich, und wir hatten das gute Gefühl, dass sich der lange Weg in den Norden gelohnt hatte. Der Hänger wurde im Hafengelände geparkt, und wir nahmen uns noch ein paar Stunden Zeit, um auf den mitgebrachten Klapprädern Kopenhagen ein wenig zu erkunden – ehe die lange Rückfahrt nach Ulm mit erneuter Zwischen¬übernachtung in Hamburg in Angriff genommen werden musste. Noch auf der Rückfahrt konnten wir mit einem Anruf spontan Christian (Düsseldorfer RV und ebenfalls Inhaber des DFfR-Langturs-Styrmansret) als dritten Teilnehmer für die Tour gewinnen.