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Der Alpen-Achter-Pokal. Ein alpenländisches Epos in 3 Akten


Am Ziel: der Alpen-Achter-Pokal geht 2009 an den URCD

1. Akt: 2007 Passau / Starnberg / Klagenfurt Wir Ulmer Masters-C-Männer (Durchschnittsalter zwischen 40 und 50), die im Achter wegen ihrer eher unkonventionellen Fahrweise für gespanntes Interesse bei anderen Nutzern der Donau sorgten, waren wieder auf der Suche nach einer reizvollen Regatta.

Die 5,5 km Regatta, das Inn-River-Race in Passau sprang uns ins Auge. Auf Anhieb schafften wir in der offenen Klasse den zweiten Platz und hörten zum ersten Mal vom Alpen-Achter-Pokal (nicht Alten-Achter-Pokal!), eine Kombinationswertung des "Inn-River-Race", dem "Blauen Band vom Wörthersee" und der "Roseninsel-Regatta" in Starnberg. Dabei erfolgt die Pokal-Wertung aus der Summe der Rennzeiten dieser 3 Regatten, unabhängig vom Alter der Teilnehmer. Nachdem es im Jahr 2007 bei uns ganz gut lief, fuhren wir noch die 12 km Roseninsel-Regatta in Starnberg und gewannen in unserer Altersgruppe. Einer geht noch – also auf nach Klagenfurt zur 16 km Regatta "Blaues Band vom Wörthersee". Auch hier waren die Zeiten gut, mit dem Ergebnis, dass unser Schlagmann Gérard den begehrten Alpenachter-Pokal überreicht bekam. Dann fiel unser Boot vom Bock - zeitgleich zerplatzte unser Triumph, nachdem sich unser Gesamtsieg als bloßer Rechenfehler des Veranstalters herausstellte.

2. Akt: 2008 Passau / Starnberg / Klagenfurt Ehrensache, dass diese Trilogie wieder auf unserem Programm stand – immerhin hatten wir den Pokal schon für 2 Sekunden in den Händen gehalten. Also wieder, wie gehabt Passau. In der offenen Klasse gestartet, den zweiten Platz gemacht. Danach auf die 12 km in Starnberg, gewürzt mit der Aussicht auf ein clubinternes Rennen gegen unseren Ulmer Jugendachter. Leider wurde das Rennen abgesagt, da wegen hoher Wellen viele Boote einfach von der Seeoberfläche verschwanden. Also Wörthersee. Wieder in der offenen Klasse gestartet,  nach 16 km Quälerei leider den dritten Platz gemacht. Als Statisten konnten wir  bloß zuschauen, wie der Münchner Ruder-Club 1880 die begehrte Trophäe überreicht bekam.

3. Akt: 2009 Passau / Klagenfurt/ Starnberg Wir waren heiß - bei uns war jedem klar, dieses Jahr muss es klappen. Passau "Inn-River-Race" 5,5 km- in unserer Klasse gewonnen. Wörthersee, 16 km das "Blaue Band", als der schnellste Achter insgesamt gewonnen.  Ein Polster von rund 40 Sekunden auf die Verfolger. Aber, was sind schon 40 Sekunden auf ein Rennen von ca. 45 Minuten?

In Starnberg wird es entscheiden. Die letzten Tage vor dem Rennen stieg die Nervosität. Erstmals gingen wir in ein Rennen, bei dem wir den Gesamtsieg in den Händen haben können – oder alles verschenken. Samstag morgen in Starnberg. Wir, Andreas Borgolte, Martin Grimmeiß, Mike Dauser, Arnd Furken, Uli Steinacker, Michael Leibinger, Werner Strassner, Gérard Journeault und Anja Oderwald betrachten das beachtlich wellige Wasser mit gemischten Gefühlen. Einerseits sind wir mit unserem Boot wegen der Flügelausleger und den abgeschotteten Luftkästen bei solchen Wellen offenen Booten gegenüber im Vorteil. Aber Wellen machen das Ganze auch nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig.

Wir starten in der dritten Abteilung - unsere nächsten Gegner um den Alpen-Achter-Pokal in der ersten und zweiten Abteilung. Wir kennen also genau die Zeit, die wir fahren müssen. Auch nicht gerade entspannend.

Dann aufs Wasser, die Wellen haben etwas nachgelassen, sind immer noch sehr unangenehm. Ein kurzes Einfahren, dann tasten wir uns an die Startlinie. Neben uns 18 Achter - teils Gigboote. Ja nicht die Startlinie überfahren - das kostet 1 Minute. Die Zeit wird heruntergezählt. Noch einmal die Dollenschrauben überprüfen, dann in ¾ Auslage, den Rücken durchdrücken, Druck aufs Blatt, die Muskeln angespannt, Augen auf den Nacken des Vordermanns. Im Kopf die Vorgabe, dass wir auf alle Fälle unter 46 Minuten sein müssen. Mitzählen, dann der erlösende Kanonenschuss.


Was zu diesem Zeitpunkt noch keiner sicher weiß: Bald hält der Schlagmann den Alpen-Achter-Pokal in den Händen

Wir ziehen voll durch, kommen gut weg, hebeln sauber über die Wellen ab, dann nach ca. 10 Schlägen ein fast panisches Geschrei unserer Steuerfrau. Das Gigboot auf Steuerbord steuert voll in unsere Bootsseite, einige Schläge treffen unser Boot, dann verhaken sich deren Riemen mit unseren Auslegern - die Fahrt kommt zum Stillstand. Um das Gewirr zu lösen, müssen wir die Riemen einziehen und uns dann damit von dem Gigboot abstoßen. Die Uhr läuft. Weiter, wieder los.

Wir nehmen wieder Fahrt auf. Nach 4, 5 Schlägen die entsetzten Schreie unser Steuerfrau „backbord, backbord“. Was das bedeutet, ist dann klar, als uns ein Gigboot auf der Backbordseite so vor den Bug fährt, dass wir es rammen. Ein Schlag, dann ein ekelhaftes Knirschen von unserem Bug - eindeutig, unser Boot ist im Eimer.

Egal, jetzt kann man ohnehin nichts mehr machen - weiter und hoffen, dass das Boot erst spät oder gar nicht voll läuft. Die Uhr tickt. In diesem Gewühl verhakt sich noch ein drittes Boot mit unseren Riemen – wir ziehen voll durch und setzen uns von dem Chaos ab.

Mit einem 34 Schlag ziehen wir davon, danach geht es auf den Streckenschlag von 32. Nach 2 km die erste GPS-gestützte Zeitansage von unserer Steuerfrau. Eine kurze Hochrechnung - wir schaffen es nicht!! Haben vorher zu viel Zeit verloren. Hoffentlich hält das Boot. Hoffentlich ist es bald vorüber.


Foto: MRSV Bayern

Aufrichten, groß machen, die Lungen mit Luft füllen, konzentrieren, sauberes Abscheren, das Vorrollen bremsen, dann die Beine, immer wieder die Beine. Der 32-iger Schlag macht sich bemerkbar. Dann sind nur noch zwei Boote vor uns. Wir tasten uns ran, kommen näher. Anja feuert uns an. Sind auf gleicher Höhe - wieso haben wir die immer noch nicht überholt? Weiter. Konzentration - hoffentlich ist es bald vorüber. Erst vier Kilometer, es kommt vor wie schon 20. Weiter, es fällt immer schwerer sich zu konzentrieren - die Beine, verdammt, die Beine, immer wieder. An dem Boot sind wir vorbei. Hat ewig gedauert.

Nach 6 Kilometern die Wende vor der Roseninsel um 2 Bojen. Anja hatte Angst davor. Sie macht es prima. Unser extra großes Steuer zahlt sich jetzt aus. Backbord nimmt den Druck raus, Steuerbord zieht voll, wir schmieren um die 2. Boje. Dann auf Gegenkurs. Nur noch ein Boot, 3 – 4 Längen vor uns. Die Beine, die Beine - sauber abscheren, ruhig rollen - alle Ansagen kommen nur noch wie durch Watte. Hoffentlich ist es bald vorbei.

Die Konzentration wird immer schwieriger. Die Wellen wieder höher, hauptsächlich von Motorbooten. Die Rudergriffe sind klatschnass und schlecht zu halten. Die Beine, immer wieder die Beine. Warum ist das Ziel noch nicht da? Immer noch der 32-iger Schlag. Eine Parallelwelle bringt uns total aus dem Takt, dann  wieder anziehen, das Boot anschieben, konzentriert atmen. Die Kilometeransage – noch 2 Kilometer. Gérard geht mit dem Schlag höher. Irgendwann sind wir auf 34.  Das Boot vor uns erreichen wir nicht mehr. Der Bug überquert die Ziellinie - keine Hupe ist zu hören - sicherheitshalber weiter, bis auch das Heck drüber ist. Dann alles fallen lassen - das Dunkel vor den Augen lichtet sich, das Husten lässt auch nach und das DLRG Boot, das zufällig oder absichtlich neben uns lag, verzieht sich wieder. Die Zeit? Wir messen ca. 45 Minuten - das müsste reichen. Sicher sind wir nicht.


Der Wanderpokal für den schnellsten Vereinsachter

Die Siegerehrung - sie zieht sich. Überraschend bekommen wir den Pokal für den schnellsten Vereinsachter in Starnberg überreicht, verbunden mit dem Hinweis, wir sehen uns nachher ja noch einmal. Der letzte Pokal, der vergeben wird, ist der Alpen-Achter-Pokal und der geht an den Ulmer Ruder-Club Donau. Um uns richtig zu freuen, sind wir einfach zu platt.

So steht er jetzt 1 Jahr im Club - unser 10 kg Alpengesteins Pokal. Das Schadensbild an unserem Boot: Bugspitze abgeknickt, im Rumpf zwei Löcher, alles Gott sei Dank über der Wasserlinie.

Nächstes Jahr geht es wieder los, wir bringen ihn nach Passau. Keiner hat es bislang ausgesprochen - aber ich bin sicher: Wir werden ihn verteidigen.

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