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"Die Wand ist duach" – Das Blaue Band vom Wörthersee 2009

Resolut-Achter des URCD schnellstes Boot beim 16 km Rennen von Velden nach Klagenfurt am 29.8.2009

Wörthersee. Zu wohnen und zu rudern, wo andere Urlaub machen. Das hat schon was. Wer noch nie dort war, kennt auch nicht solche schlimmen Worte, die den Weg dorthin pflastern: Blockabfertigung, Tauerntunnel, Katschbergtunnel – Worte, die jede Reiseplanung komplett über den Haufen werfen können, besonders, wenn jemand einen Starttermin bei einer Regatta hat. Wer aber an einem Werktag ungestreift durchkommt wie der Bootstransport mit dem resolut-Achter im Gepäck, hat Mitleid mit den Staugeplagten an Samstagen und Sonntagen.

Am Freitag vor der Regatta werden die Achter im Kurpark von Velden direkt am Westufer des Wörthersees aufgeriggert. 2009 sind mit 18 Achtern jeglicher Couleur etwas weniger Boote gemeldet wie sonst – der Termin liegt 2009 vier Wochen vor dem traditionellen Termin Ende September. Wie erwartet ist Ende August der Sommer in vollem Gang mit 32° Luft- und 26° Wassertemperatur. Ein Platz im Schatten wäre da sonst der bevorzugte Aufenthaltsort.


Am Start in Velden

Am Samstag, dem Tag des Rennens, hat der Sommer Mitleid mit allen Ruderern, die über die 16 km lange Strecke müssen und sorgt selbst für Schatten: der Himmel ist bedeckt bei ca. 21° Lufttemperatur, dafür ist ein Gewitter im Anmarsch. Kurz vor dem Start um 11 Uhr öffnet der Himmel seine Schleusen. In Nullkommanichts ist der resolut-Achter halbvoll mit Regenwasser. Alle Boote müssen vom Wasser. Die Sichtweite ist stark vermindert, man sieht nicht mal bis zum nächsten Seeknick. Wird das Rennen abgesagt?

Wird es nicht. Gleich werden alle Achter wieder aufs Wasser geschickt mit der Prophezeiung: "Die Wand ist duach." Die Sicht wird besser, es kommt Wind auf – Gegenwind. Dieser Wind sorgt nicht nur für gute Sicht, sondern auch für deutlich langsamere Gesamtzeiten und deutlich höhere Wellen wie in den Vorjahren.

Die geplante Startreihenfolge wird über den Haufen geworfen, der Startrichter nimmt sozusagen das, was gerade wieder zurück vom Ausleeren an Land ist und jetzt am eiligst wieder ausgerufenen Start erschienen ist. Der resolut-Achter startet trotzdem vor seinen vermeintlich schnelleren Gegnern, die den eigentlich langsameren Achter jagen wollen.

Gleich vom Start weg motiviert Steuerfrau Anja Oderwald ihre nicht mehr ganz junge Mannschaft, die dank zweier Küken um die 40 als Masters Männer C (also unter 50) startet. Ein Achter nach dem anderen wird "gefressen", zuerst ein Frauenachter, dann Gig Doppelachter usw. Der Wind wird stärker, die Wellen noch höher. Aber an den Flügelauslegern des resolut-Achters, die oben auf dem Boot festgeschraubt sind, bricht sich keine Welle. Mindestens zwei Achter mit traditionellen Auslegern, die seitlich am Boot festgeschraubt sind, mussten das Rennen vorzeitig beenden und das Boot von der Wasserrettung nach Klagenfurt schleppen lassen, weil sie komplett vollgelaufen waren.

Unsere Angstgegner, von uns nur "Nr. 3" genannt, die Rgm. Albatros Klagenfurt/VST Völkermarkt, junge Männer deutlich unter 30, kam aber nicht so deutlich näher wie befürchtet. Ein Krebs bei einer sehr hohen Welle ließ den Abstand deutlich zusammenschrumpfen, aber sobald wir wieder volle Fahrt aufgenommen hatten, vergrößerte sich der Abstand zu Nr. 3 wieder, gegen Ende des Rennens waren sie komplett verschwunden, auch ein Opfer der Wellen.

Wir pflügten weiter durch Wellenberge und –täler. Ein zähes Achteropfer war der Gigachter der Uni München – alle Ruderer ruderten mit Hawaii-Blumenketten um den Hals. Sie waren zwar noch einige Zeit in unserem Windschatten zu sehen, sind dann aber doch zurückgefallen.

Wer sich vor dem Start überlegt: 16 km, wie schaffe ich das überhaupt, wird von der Realität einfach mitgenommen. Die Steuerfrau Anja Oderwald brüllt: "Der nächste Achter ist nur noch 5 Längen weg. Ihr schafft das. Ihr macht das gut (Auch wenn vielleicht nicht alles immer so stimmt - Motivation ist alles). Die Beine. Ihr habt sie gleich. Und immer wieder "Die Beine". Jetzt nur noch wenige km, dann nur noch 1 Kilometer. Dann kann man alles reinhängen im Endspurt. Der Kilometer zieht sich. Nach weiteren zwei Kilometern "jetzt nur noch 1000 Meter. Mitten auf einem See hat man eben nicht alle paar Meter ein Kilometerschild stehen wie an der Donau.

Kurz vor dem Ziel wird der nächste Achter ein- und schließlich auch noch überholt. Vom Bootshaus des gastgebenden Vereins RV Albatros in Klagenfurt kommen noch einige Anfeuerungsrufe unserer Landfans. Was wir da noch nicht wissen: nach 1:06:22:82 sind wir im Ziel – auf Platz 1, auf Platz 2 kommt der Wiener Ruderklub Donau mit einer aktiven Männermannschaft (keine Alten) mit einer Zeit von 1:06:43:33 und auf Platz 3 (ganz großer Respekt): die Rgm. Pirat/Rostock/Occoquan Int./LIA Wien mit einem Masters Männer F Achter mit 1:06:55:07, also nur 33 Sekunden hinter uns.

Franz Nitsche aus diesem Achter von Steuerbord 5 vom Ruderverein Lia in Wien, Olympiateilnehmer von 1972 im Vierer ohne mit damals 21 Jahren, hat am Tag darauf unseren Achter komplettiert für eine Trainingsfahrt – das Wetter ist wieder zum Sommer zurückgekehrt – als Trainingsziel gibt er Reifnitz an auf der anderen Seite des Wörthersees vor Maria Wörth - zur Jause. Uns war schnell klar, dass die Jause (also das Vesper) nur flüssig sein konnte. Wir haben Franz Nitsche und seine Mitruderer gleich zum Donau-Cup 2010 eingeladen. Da sie auch beim Roseninselachter in Starnberg Stammkunden sind, ist Ulm ja nicht gar so weit davon entfernt.

Zurück zum Rennen. Nach einem kurzen Ausrudern legen die Boote am Bootshaus des RV Albatros an, später schleppt die Wasserrettung auch noch die gefluteten Achter heran. Nachdem der resolut-Achter windsicher an Land verstaut ist, geht es von einer vom See aus blicksicheren Sonnenterasse des Bootshauses direkt in den Wörthersee mit seinen 26°– man badet wie ortsüblich ohne Badehose – ein tolles Entspannungsbad.


Das denkmalgeschützte Bootshaus des RV Albatros in Klagenfurt

Die Siegerehrung lässt auf sich warten, "panierte Hendl" und die eine oder andere Halbe verkürzen die Wartezeit, draußen ist jetzt Dauerregen angesagt. Dann beginnt der Countdown der Siegerehrung mit den Unterwasserachtern. Unser GPS-Mann Michael Leibinger hat als wirkliche Streckenlänge höchstens 16 km ausgemacht und eine Zeit von ca. 1 Stunde 6 Minuten. Eine Mannschaft nach dem anderen wird aufgerufen und geehrt. Wir warten und warten. Bei Platz 5 wachen wir auf – jetzt müssten wir so langsam dran sein. Platz 3 bekommen die Alten wie oben erwähnt. Dann wird Platz 2 aufgerufen , die Wiener. Wir brüllen wie am Spieß, weil wir jetzt wissen, wir sind das schnellste Boot. Alle gucken zu uns her, wir stehen aber nicht auf zur Siegerehrung. Kurz darauf wird der Platz 1 aufgerufen, unser Schlagmann Gerárd Journeault darf den Wanderpreis zum Blauen Band vom Wörthersee hochhalten, mitnehmen darf er ihn nicht. Wir sehen am Tisch auch schon das nächste Ziel: den Alpenpokal. Den bekommt die Mannschaft, die am schnellsten die Regatten von Passau, Starnberg und Klagenfurt schafft, egal, in welcher Klasse sie gemeldet ist.


Auf dem Bild fehlt Arnd Furken, der gleich wieder in den Urlaub nach Schladming zurück musste.

Dass wir unsere gemeldete Klasse gewinnen würden, das haben wir schon öfter erlebt wie z.B. zuletzt in Passau im April 2009. Dass wir aber einmal das schnellste Boot einer ganzen Regatta sein würden, hätten wir uns niemals träumen lassen und vermutlich werden wir das auch niemals mehr erleben.

Nach der After-Race-Party am Samstag und der Sonntagsausfahrt mit obligatorischem Bad im Wörthersee musste sich ein Teil der Mannschaft noch am Sonntag zur Blockabfertigung an Katschberg- und Tauerntunnel anstellen. Der Rest fuhr am Montag heim bzw. nach Wien oder sogar nach Italien weiter zu einem kleinen Urlaub.

Die familiäre Atmosphäre beim RV Albatros in Klagenfurt, der Landeshauptstadt von Kärnten, und die Urlaubsatmosphäre am Wörthersee und natürlich der Gesamtsieg von 2009 sorgen dafür, dass wir bestimmt auch ein viertes Mal dabei sein werden. Das sagen sicher nicht nur die mitgereisten Fans, sondern auch die Gewinner des Blauen Bands vom Wörthersee: Steuerfrau Anja Oderwald, Schlagmann Gerárd Journeault, Uli Steinacker, Olaf Behrend, Arnd Furken, Michael Leibinger, Mike Dauser, Martin Grimmeiß und Jörg Haußer.


Der Schlagmann mit dem Wanderpreis zum Blauen Band vom Wörthersee

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