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Wie ein Ulmer mit 51 in den Deutschland-Achter kam

von HANS-ULI THIERER

Wohl dem, der mit einem Olympiasieger in einem Boot sitzt

Einmal im Deutschland-Achter mitrudern: 51 Jahre alt musste der Ulmer Michael Leibinger werden, ehe sich dieser Traum erfüllte. Dank eines Ulmer Ruder-Cracks.


Michael Leibinger im Deutschland- Achter (hinten rechts). Der Ulmer Olympiasieger Raimund Hörmann (im vorderen Boot) hatte ihm einen Platz verschafft. Foto: Hansjörg Käufer

Es war so: Im Dortmunder Hafen, wo sich ein Ruder-Leistungszentrum befindet, hatte der Deutschland-Achter zwei scharfe Trainingseinheiten absolviert. Jetzt räumte mit Stephan Koltzk einer der Jung-Ruderhünen seinen Platz für ein älteres Semester. Das war Michael Leibinger. Der ist zwar rank und schlank wie einst im Mai, dafür haben die Jahre im Gesicht ihre Furchen hinterlassen.

Es ging so weiter: Leibinger nahm seine Position im Deutschland-Achter ein. Als Kontrahenten saßen im gegnerischen Boot sieben alte Kämpen des Ulmer Ruderclubs Donau. Sie bilden die Besatzung eines URCD-Veteranen-Achters, dessen Schlagmann mit Raimund Hörmann ein Olympiasieger ist. Die Mitglieder des Alte-Herren-Achters greifen sonst wochenends auf der Donau in die Riemen, rudern durchaus erfolgreich gegen Bierbauch und andere Flüche unserer Zivilisation an, ohne damit Faltenbildungen verhindern zu können.

Und dann kam es so: Der achte Mann im Ulmer Boot in Dortmund hieß nach dem Platztausch mit Leibinger nun Stephan Koltzk. Doch auch dieser Jung-Siegfried konnte nicht verhindern, dass sich die den Ulmern eingeräumte Bootslänge Vorsprung auf 500 Metern in eine Bootslänge Rückstand verwandelte. Warum? "Weil ich jetzt das saugeile Gefühl kenne, wie ein Achter richtig laufen kann", liefert Leibinger die simpel klingende Erklärung. Bei Bier und Ulmer Brotzeit, die Metzger Hörmann mit ins Ruhrgebiet eingepackt hatte, lud Leibinger den Deutschland-Achter zum Training ins Ulmer Leistungszentrum ein. "Die brauchen Luftveränderung." Leibinger darf solche Einladungen aussprechen, schließlich war er mal Vorsitzender des URCD.

Und so war es zu allem gekommen: Vor einem Jahr war Leibinger, erfolgreicher Gastro-Unternehmer ("Henrys Coffee World") und Spross aus dem Hause Gold Ochsen, 50 Jahre alt geworden. Dank der Kontakte Hörmanns konnten ihn seine Veteranen-Ruderer mit einem schlagkräftigen Geschenk überraschen: einmal ein Platz im Deutschland-Achter . . .

Was noch so kommt: Das weiß nie, wer mit einem Goldmedaillen-Gewinner in einem Boot sitzt.

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